Seit November vergangenen Jahres tritt das \"Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkr\u00e4fteeinwanderung\" schrittweise in Kraft. Welche \u00c4nderungen sind f\u00fcr das Gastgewerbe besonders interessant?
Vor allem einige der im M\u00e4rz mit der zweiten Stufe in Kraft getretenen \u00c4nderungen. Dabei geht es zum einen um die kurzzeitige kontingentierte Zuwanderung, zum anderen um die Besch\u00e4ftigung von Menschen mit ausgepr\u00e4gter berufspraktischer Erfahrung \u2013 also die sogenannte Erfahrungss\u00e4ule.
Um eine kontingentierte kurzzeitige Besch\u00e4ftigung zu schaffen, k\u00f6nnen Arbeitgeber ausl\u00e4ndische Fachkr\u00e4fte bis zu acht Monate einstellen. Was sind die Voraussetzungen?
\r\nDie Arbeitskr\u00e4fte m\u00fcssen \u00fcberhaupt keine besondere Voraussetzung mitbringen. Die kurzzeitige Besch\u00e4ftigung ist weder an Qualifikation noch an Sprachkenntnisse gebunden. Es muss aber in der Regel ein Visum vorliegen \u2013 das macht die Sache h\u00e4ufig langwierig. Voraussetzungen erf\u00fcllen muss allerdings der Arbeitgeber. Er muss tarifgebunden sein, und der Arbeitsvertrag muss der Vergleichbarkeitspr\u00fcfung durch die Bundesagentur f\u00fcr Arbeit standhalten. Das hei\u00dft: Es m\u00fcssen vergleichbare Arbeitsbedingungen mit einer deutschen Arbeitskraft gew\u00e4hrleistet werden.
\r\nNeuerungen, aber auch H\u00fcrden
\r\nWelche Neuerungen gibt es in puncto Erfahrung?
Besonders interessant an der Erfahrungss\u00e4ule ist: Es kommt nicht auf eine als gleichwertig mit einer deutschen Berufsausbildung anerkannte Qualifikation an. Es gibt aber andere H\u00fcrden \u2013 wie stark die sich in der Praxis auswirken, wird erst die Erfahrung zeigen. Der Bewerber muss einen anerkannten ausl\u00e4ndischen Abschluss und einschl\u00e4gige Berufserfahrung mitbringen. Wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, muss eine Gehaltsschwelle von 45 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze \u00fcberschritten werden.
Arbeitgeber und -nehmer k\u00f6nnen eine Anerkennungspatenschaft eingehen. Wie funktioniert das?
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, einen Anerkennungsantrag zu stellen. Und der Arbeitgeber muss ihn dabei unterst\u00fctzen. Das Neue dabei ist, dass das Anerkennungsverfahren durchgef\u00fchrt wird, w\u00e4hrend der Arbeitnehmer schon in Deutschland arbeitet. Konkrete Anwendungsf\u00e4lle sind mir allerdings bisher nicht bekannt, und ich gehe derzeit nicht davon aus, dass dieses Instrument im Gastgewerbe eine gro\u00dfe Relevanz entfalten wird.
Welche Qualifikationen werden anerkannt?
Es existieren verschiedene Aufenthaltstitel f\u00fcr Fachkr\u00e4fte, von denen manche eine formal als gleichwertig mit einer deutschen Qualifikation anerkannte ausl\u00e4ndische Qualifikation voraussetzen. Einer davon bezieht sich auf akademische Abschl\u00fcsse wie den Bachelor, ein anderer auf das, was wir in Deutschland als beruflichen Abschluss bezeichnen, also eine \"Lehre\". Diese beiden Kategorien sind in unterschiedlichen Paragraphen des Aufenthaltsgesetzes verankert und bestehen nebeneinander.
Eine wesentliche \u00c4nderung, die mit dem Fachkr\u00e4fteeinwanderungsgesetz von 2020 eingef\u00fchrt wurde, ist die Gleichstellung von beruflichen Abschl\u00fcssen mit akademischen Abschl\u00fcssen. Was genau anerkannt wird, h\u00e4ngt jedoch vom Referenzberuf, der jeweiligen Qualifikation und auch der Berufserfahrung ab. Da die Bildungssysteme von Land zu Land unterschiedlich sind, muss man sich jeweils im konkreten Fall ansehen, welcher Titel am besten passt.
\r\nBei der Berufsausbildung wurde die Vorrangpr\u00fcfung abgeschafft. Was bedeutet das?
Vorrangpr\u00fcfung bedeutet, dass die Bundesagentur f\u00fcr Arbeit feststellt, ob es f\u00fcr den betreffenden Arbeits- oder Ausbildungsplatz einen bevorrechtigten deutschen oder europ\u00e4ischen Bewerber gibt. Im Rahmen der Ausbildung wurde bis zur Einf\u00fchrung des FEG 2.0 stets eine Vorrangpr\u00fcfung durchgef\u00fchrt.
Diese hatte jedoch schon lange keine praktische Relevanz mehr, da es offensichtlich mehr Ausbildungspl\u00e4tze als Bewerber gibt. F\u00fcr die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung in Deutschland wurde die Vorrangpr\u00fcfung daher abgeschafft. Bei anderen Aufenthaltstiteln ist die Vorrangpr\u00fcfung nach wie vor erforderlich, spielt allerdings im Gastgewerbe praktisch kaum eine Rolle.
Letzte Stufe des FEG \u2013 die Chancenkarte
Was bringt die dritte Stufe des FEG 2.0, die am 1. Juni in Kraft tritt?
Da tritt die Chancenkarte als ganz neuartiger Aufenthaltstitel in Kraft. Damit k\u00f6nnen Personen aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland einreisen, um maximal zw\u00f6lf Monate nach einer geeigneten Arbeitsstelle zu suchen. Die Chancenkarte, die die Bundesregierung als \"Potenzials\u00e4ule\" bezeichnet, erm\u00f6glicht es Menschen mit hohem Potenzial, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fu\u00df zu fassen.
Voraussetzungen daf\u00fcr sind eine ausl\u00e4ndische Berufsqualifikation sowie einfache Deutsch- (A1) oder gute Englischkenntnisse (B2). Au\u00dferdem muss der Bewerber nachweisen, dass w\u00e4hrend seines Aufenthalts in Deutschland sein Lebensunterhalt gesichert ist. Wenn er dann noch in einem Punktesystem mindestens sechs Punkte gesammelt hat, darf er einreisen. F\u00fcr Gastronomie und Hotellerie ist dieser Aufenthaltstitel auch deshalb interessant, weil diese Personen w\u00e4hrend ihrer Suche auch eine Nebenbesch\u00e4ftigung aus\u00fcben d\u00fcrfen. Dies k\u00f6nnte einen \"Klebeeffekt\" erzeugen.
\r\nArbeitnehmer lernen so also Betriebe kennen, in denen sie sp\u00e4ter arbeiten. Ist es denn nun einfacher, Arbeitskr\u00e4fte aus Drittstaaten einzustellen?
\r\nEs kommt drauf an, was Sie mit \"einfacher\" meinen. Sollte damit eine \u00dcbersichtlichkeit und Einfachheit des Systems gemeint sein, so lautet die Antwort nein. Tats\u00e4chlich sind neue Aufenthaltstitel hinzugekommen, was das System komplexer gestaltet.
\r\nEs ist eine Herausforderung, sich in diesem Geflecht zurechtzufinden, sowohl f\u00fcr ausl\u00e4ndische Interessenten als auch f\u00fcr deutsche Arbeitgeber. Ist mit \"einfacher\" jedoch die Er\u00f6ffnung zus\u00e4tzlicher Wege gemeint, so kann ich dem zustimmen. Es ist zu erwarten, dass sowohl Einzelpersonen als auch Betriebe in Deutschland von den neuen Regelungen profitieren werden.
\r\nMehr tats\u00e4chliche Berufserfahrung
\r\nWas w\u00fcrden Sie sich f\u00fcr Hoteliers und Gastronomen w\u00fcnschen?
Wir w\u00fcrden uns eine weitere \u00d6ffnung w\u00fcnschen, weg von formalen Qualifikationen, hin zu tats\u00e4chlicher Berufserfahrung. Wir streben transparentere, weniger b\u00fcrokratische und weniger komplexe Regelungen an. Das entscheidende Element sind allerdings schnelle und schlanke Verwaltungsverfahren. Dies betrifft sowohl die Visumsverfahren bei den Botschaften und Visumsstellen im Ausland als auch die Ausl\u00e4nderbeh\u00f6rden in Deutschland.
Derzeit geht so viel Zeit verloren, dass sowohl Unternehmen als auch Bewerber oft die Motivation verlieren. Es ist unerl\u00e4sslich, dass wir zu einer Straffung und Digitalisierung der Verfahren kommen. Dass Prozesse so langwierig sind, h\u00e4ngt zum Teil auch mit der Willkommenskultur, Beh\u00f6rdenstrukturen und auch fehlendem Wissen zusammen. Es ist gesetzlich vorgesehen, dass eine Beratung aus einer Hand angeboten wird, aber es wird noch geraume Zeit \u2013 bis 2026 \u2013 dauern, bis dies tats\u00e4chlich umgesetzt ist.
\r\nQuelle: AHGZOnline
", "datePublished": "2024-05-16T12:22:37+02:00", "headline": "Fachkr\u00e4fteeinwanderungsgesetz: Entscheidend sind schnelle Verwaltungsverfahren" }Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz tritt stufenweise in Kraft. Sandra Warden, Geschäftsführerin Arbeitsrecht beim Dehoga Bundesverband, ordnet die Neuerungen ein.
Seit November vergangenen Jahres tritt das "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" schrittweise in Kraft. Welche Änderungen sind für das Gastgewerbe besonders interessant?
Vor allem einige der im März mit der zweiten Stufe in Kraft getretenen Änderungen. Dabei geht es zum einen um die kurzzeitige kontingentierte Zuwanderung, zum anderen um die Beschäftigung von Menschen mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung – also die sogenannte Erfahrungssäule.
Um eine kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung zu schaffen, können Arbeitgeber ausländische Fachkräfte bis zu acht Monate einstellen. Was sind die Voraussetzungen?
Die Arbeitskräfte müssen überhaupt keine besondere Voraussetzung mitbringen. Die kurzzeitige Beschäftigung ist weder an Qualifikation noch an Sprachkenntnisse gebunden. Es muss aber in der Regel ein Visum vorliegen – das macht die Sache häufig langwierig. Voraussetzungen erfüllen muss allerdings der Arbeitgeber. Er muss tarifgebunden sein, und der Arbeitsvertrag muss der Vergleichbarkeitsprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit standhalten. Das heißt: Es müssen vergleichbare Arbeitsbedingungen mit einer deutschen Arbeitskraft gewährleistet werden.
Neuerungen, aber auch Hürden
Welche Neuerungen gibt es in puncto Erfahrung?
Besonders interessant an der Erfahrungssäule ist: Es kommt nicht auf eine als gleichwertig mit einer deutschen Berufsausbildung anerkannte Qualifikation an. Es gibt aber andere Hürden – wie stark die sich in der Praxis auswirken, wird erst die Erfahrung zeigen. Der Bewerber muss einen anerkannten ausländischen Abschluss und einschlägige Berufserfahrung mitbringen. Wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, muss eine Gehaltsschwelle von 45 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze überschritten werden.
Arbeitgeber und -nehmer können eine Anerkennungspatenschaft eingehen. Wie funktioniert das?
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, einen Anerkennungsantrag zu stellen. Und der Arbeitgeber muss ihn dabei unterstützen. Das Neue dabei ist, dass das Anerkennungsverfahren durchgeführt wird, während der Arbeitnehmer schon in Deutschland arbeitet. Konkrete Anwendungsfälle sind mir allerdings bisher nicht bekannt, und ich gehe derzeit nicht davon aus, dass dieses Instrument im Gastgewerbe eine große Relevanz entfalten wird.
Welche Qualifikationen werden anerkannt?
Es existieren verschiedene Aufenthaltstitel für Fachkräfte, von denen manche eine formal als gleichwertig mit einer deutschen Qualifikation anerkannte ausländische Qualifikation voraussetzen. Einer davon bezieht sich auf akademische Abschlüsse wie den Bachelor, ein anderer auf das, was wir in Deutschland als beruflichen Abschluss bezeichnen, also eine "Lehre". Diese beiden Kategorien sind in unterschiedlichen Paragraphen des Aufenthaltsgesetzes verankert und bestehen nebeneinander.
Eine wesentliche Änderung, die mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020 eingeführt wurde, ist die Gleichstellung von beruflichen Abschlüssen mit akademischen Abschlüssen. Was genau anerkannt wird, hängt jedoch vom Referenzberuf, der jeweiligen Qualifikation und auch der Berufserfahrung ab. Da die Bildungssysteme von Land zu Land unterschiedlich sind, muss man sich jeweils im konkreten Fall ansehen, welcher Titel am besten passt.
Bei der Berufsausbildung wurde die Vorrangprüfung abgeschafft. Was bedeutet das?
Vorrangprüfung bedeutet, dass die Bundesagentur für Arbeit feststellt, ob es für den betreffenden Arbeits- oder Ausbildungsplatz einen bevorrechtigten deutschen oder europäischen Bewerber gibt. Im Rahmen der Ausbildung wurde bis zur Einführung des FEG 2.0 stets eine Vorrangprüfung durchgeführt.
Diese hatte jedoch schon lange keine praktische Relevanz mehr, da es offensichtlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerber gibt. Für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung in Deutschland wurde die Vorrangprüfung daher abgeschafft. Bei anderen Aufenthaltstiteln ist die Vorrangprüfung nach wie vor erforderlich, spielt allerdings im Gastgewerbe praktisch kaum eine Rolle.
Letzte Stufe des FEG – die Chancenkarte
Was bringt die dritte Stufe des FEG 2.0, die am 1. Juni in Kraft tritt?
Da tritt die Chancenkarte als ganz neuartiger Aufenthaltstitel in Kraft. Damit können Personen aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland einreisen, um maximal zwölf Monate nach einer geeigneten Arbeitsstelle zu suchen. Die Chancenkarte, die die Bundesregierung als "Potenzialsäule" bezeichnet, ermöglicht es Menschen mit hohem Potenzial, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Voraussetzungen dafür sind eine ausländische Berufsqualifikation sowie einfache Deutsch- (A1) oder gute Englischkenntnisse (B2). Außerdem muss der Bewerber nachweisen, dass während seines Aufenthalts in Deutschland sein Lebensunterhalt gesichert ist. Wenn er dann noch in einem Punktesystem mindestens sechs Punkte gesammelt hat, darf er einreisen. Für Gastronomie und Hotellerie ist dieser Aufenthaltstitel auch deshalb interessant, weil diese Personen während ihrer Suche auch eine Nebenbeschäftigung ausüben dürfen. Dies könnte einen "Klebeeffekt" erzeugen.
Arbeitnehmer lernen so also Betriebe kennen, in denen sie später arbeiten. Ist es denn nun einfacher, Arbeitskräfte aus Drittstaaten einzustellen?
Es kommt drauf an, was Sie mit "einfacher" meinen. Sollte damit eine Übersichtlichkeit und Einfachheit des Systems gemeint sein, so lautet die Antwort nein. Tatsächlich sind neue Aufenthaltstitel hinzugekommen, was das System komplexer gestaltet.
Es ist eine Herausforderung, sich in diesem Geflecht zurechtzufinden, sowohl für ausländische Interessenten als auch für deutsche Arbeitgeber. Ist mit "einfacher" jedoch die Eröffnung zusätzlicher Wege gemeint, so kann ich dem zustimmen. Es ist zu erwarten, dass sowohl Einzelpersonen als auch Betriebe in Deutschland von den neuen Regelungen profitieren werden.
Mehr tatsächliche Berufserfahrung
Was würden Sie sich für Hoteliers und Gastronomen wünschen?
Wir würden uns eine weitere Öffnung wünschen, weg von formalen Qualifikationen, hin zu tatsächlicher Berufserfahrung. Wir streben transparentere, weniger bürokratische und weniger komplexe Regelungen an. Das entscheidende Element sind allerdings schnelle und schlanke Verwaltungsverfahren. Dies betrifft sowohl die Visumsverfahren bei den Botschaften und Visumsstellen im Ausland als auch die Ausländerbehörden in Deutschland.
Derzeit geht so viel Zeit verloren, dass sowohl Unternehmen als auch Bewerber oft die Motivation verlieren. Es ist unerlässlich, dass wir zu einer Straffung und Digitalisierung der Verfahren kommen. Dass Prozesse so langwierig sind, hängt zum Teil auch mit der Willkommenskultur, Behördenstrukturen und auch fehlendem Wissen zusammen. Es ist gesetzlich vorgesehen, dass eine Beratung aus einer Hand angeboten wird, aber es wird noch geraume Zeit – bis 2026 – dauern, bis dies tatsächlich umgesetzt ist.
Quelle: AHGZOnline
Synergien nutzen mit unseren Netzwerkpartnern